Erklärung des 2. Bundeskongresses der Räte der Religionen
1. Deutschland ist ein Land, in dem Menschen aus vielen Religionen und Weltanschauungen zusammenleben. Deswegen brauchen wir starke interreligiöse Strukturen für Begegnung und Gespräche.
An vielen Orten haben sich Räte der Religionen oder vergleichbare Strukturen gebildet (z. B. Runde Tische der Religionen, Foren der Religionen). Die Organisationsformen der Gremien unterscheiden sich von Ort zu Ort. Sie hängen zusammen mit Faktoren wie der Entstehungsgeschichte des Gremiums, der lokalen religiösen Landschaft und dem Engagement der beteiligten Akteure und Akteurinnen. Typischerweise vernetzen Räte der Religionen die Religionsgemeinschaften, fördern den Dialog mit der Kommune und der Gesellschaft, organisieren Veranstaltungen der interreligiösen Bildung und Begegnung, vermitteln bei Konflikten, nehmen Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen und anderes mehr.
Räte der Religionen sind unseres Erachtens ein Zukunftsmodell für friedvolles Zusammenleben und Zusammenarbeiten. Sie fördern unsere demokratischen Strukturen und stärken durch Teilhabe und Dialog den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie tragen zu Frieden, Gerechtigkeit, Gemeinsinn und der Bewahrung der Lebensgrundlagen bei. Um all das zu fördern, haben wir uns im Jahr 2018 zum Bundeskongress der Räte der Religionen zusammengeschlossen.
2. Den Bundeskongress eint die folgende Haltung:
a) Wir engagieren uns für den interreligiösen Dialog, weil er wesentlich dazu beiträgt, das gegenseitige Verstehen zu vertiefen, das friedliche Miteinander zu fördern und Vorurteile und Rivalitäten zu überwinden.
b) Wir bekennen uns mit unserem Glauben bzw. unserer Weltanschauung zu den Werten und Zielen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere zu den Grundrechten und zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Wir setzen uns für die Verwirklichung dieser Werte und Ziele ein.
c) Wir bekennen uns zum weltanschaulich neutralen Staat, der das Selbstbestimmungsrecht aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf dem Boden des Grundgesetzes garantiert. Das Verhältnis des Staates und der Religionsgemeinschaften zueinander verstehen wir als partnerschaftlich. Das offene Gespräch mit allen staatlichen und kommunalen Stellen sowie der Zivilgesellschaft betrachten wir als genuines Anliegen der Religionsgemeinschaften.
d) Wir bekennen uns zur Freiheit der Meinung, der Presse, der Kunst und der Wissenschaft. Insbesondere treten wir für Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit ein. Kein Mensch darf wegen seines Glaubens, seiner Weltanschauung, seiner Herkunft, seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung oder seiner Hautfarbe benachteiligt, herabgewürdigt, bedroht oder verletzt werden. Jeder Mensch hat das Recht, seine Weltanschauung frei zu bestimmen.
e) Wir treten ein für die Achtung der Menschenwürde und für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am religiösen, gesellschaftlichen, politischen, schulischen und beruflichen Leben. Wir wenden uns gegen jede Art von Diskriminierung.
f) Wir verpflichten uns zur respektvollen Kooperation, die die Eigenständigkeit und das Existenzrecht der in den Räten der Religionen vertretenen Religionsgemeinschaften anerkennt. Wir verzichten darauf, andere zum Religionswechsel zu drängen.
g) Wir verpflichten uns zur Gewaltfreiheit im Umgang mit Konflikten.
h) Unser Ziel ist die Förderung des Dialogs der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften untereinander und mit der Gesellschaft.
3. Aufruf
Unsere Botschaft und Bitte an die Religionsgemeinschaften lautet: Setzen Sie sich dafür ein, dass überall im Land Räte der Religionen oder vergleichbare Strukturen gebildet werden. Engagieren Sie sich für die interreligiöse Bildung und Begegnung. Fördern Sie die interreligiöse Kompetenz der Jugend und beziehen Sie diese in den interreligiösen Dialog ein. Bringen Sie Ihre Perspektiven in die Gesellschaft ein!
Die Kommunen rufen wir auf: Unterstützen Sie die Arbeit bereits bestehender Räte der Religionen vor Ort! Fördern Sie die Gründung neuer Räte der Religionen in Ihren Städten und Landkreisen!
Hannover, den 23.9.2019